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Der Preis ist ein wichtiges Werbeinstrument, richtet sich der Kunde bei seiner Kaufentscheidung doch vor allem nach den Kosten. Zudem gehört der Preis zu den Informationen, die der Kunde als Erstes wahrnimmt. Deshalb verlangt das Wettbewerbsrecht für die Angabe von Preisen bestimmte Voraussetzungen. Die wichtigste Voraussetzung ist die Angabe des Endpreises. Die Bestimmung dieses Endpreises ist nicht einfach, wenn es, wie bei Hörgeräten, verschiedene Ausstattungsvarianten gibt.

Die vorliegende Entscheidung des Oberlandesgerichtes Hamm (OLG Hamm, Urteil vom 21.03.2017, 4 U 167/16) aus der Möbelbranche befasst sich mit dieser Problematik und kommt zu dem Ergebnis, dass der Preis eines beworbenen Produktes auch bei optimalen Ausstattungsvarianten vom Anbieter addiert sein muss. Dies hat auch Auswirkungen auf die Preisangaben der Hörakustikunternehmen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im November vergangenen Jahres entschieden (BGH, Urteil vom 10.11.2016 I ZR 29/15, „Hörakustik“ 3/2017), dass Hörgeräte im Schaufenster nicht ausgepreist werden müssen. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob sich die nicht ausgepreiste Ware im Schaufenster oder im Ladenlokal befindet. Wenn jedoch ein Preis genannt wird, gilt die Preisangabenverordnung (PAngV), und es muss der sogenannte Endpreis angegeben werden. Wie dieser Endpreis zu bestimmen ist, verdeutlicht das Urteil des OLGs Hamm.

 

Sachverhalt:

Ein Einrichtungshaus stellte eine sogenannte Wohnwand in seinen Geschäftsräumen aus. Die Wohnwand verfügte über eine LED-Beleuchtung und ein Mediasystem. Neben dieser Wohnwand hingen übereinander zwei Aushängeschilder mit Preisangaben. Das eine Aushängeschild war mit dem Wort Vollpreisservice überschrieben und nannte einen Preis von 4.499,00 Euro, das andere Schild war mit dem Preis für die LED-Leuchten und das Mediasystem versehen. Die Parteien stritten über die Zulässigkeit einer solchen Preisauszeichnung. Außerdem stritten die Parteien darüber, ob nicht Verjährung eingetreten war, denn der Verstoß wurde durch den Besuch eines Testkunden am 29.09.2015, den ein Konkurrent initiiert hatte, festgestellt. Dieser Konkurrent gab dem Kläger, einem Wirtschaftsverband mit Klagebefugnis nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, den Sachverhalt am 14.10.2015 weiter. Der Wirtschaftsverband erhob am 24.03.2016 Klage (fünf Monate nach Kenntnis durch den Wirtschaftsverband und sechs Monate und fünf Tage nach dem Testbesuch).

 

Rechtliche Würdigung

Das Gericht hatte zu prüfen, ob Verjährung eingetreten war. Dies hat es verneint. Unterlassungsansprüche aus Verstößen gegen lauterkeitsrechtliche Vorschriften verjähren in sechs Monaten nachdem der Gläubiger von den wesentlichen Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Hier war fraglich, ob auf die Kenntnis des Wirtschaftsverbandes, der ja auch Kläger war, oder auf die Kenntnis des Konkurrenten, der zugleich Mitglied des Wirtschaftsverbandes ist, abzustellen war. In letzterem Fall wäre der Anspruch verjährt gewesen; in ersterem eben nicht. Ein Wirtschaftsverband mache nach Auffassung des OLGs eigene Ansprüche auf Unterlassung geltend. Das Wissen seiner Mitglieder müsse sich der Wirtschaftsverband nicht zurechnen lassen. Dies gelte auch, wenn Dritte gezielt zur Aufdeckung von Wettbewerbsverstößen eingesetzt werden. Es bestehe kein Vertretungsverhältnis zwischen dem Mitglied und dem Wirtschaftsverband, sodass auch keine Wissenszurechnung erfolge. Nach allem war im Ergebnis keine Verjährung eingetreten, da zwischen der Kenntniserlangung durch den Kläger und der Klageerhebung keine sechs Monate verstrichen waren.

In der Sache selbst war das beklagte Unternehmen der Auffassung, die ausgewiesenen Preise hätten der Veranschaulichung der Ausstattungsoptionen gedient. Anders als Mitnahmeware würden Wohnzimmerschrankwände individuell für den Kunden konfektioniert und dann hergestellt. Zudem läge keine Aufforderung zum Kauf vor, da eben eine solche Konfektionierung noch nicht eingetreten war, und erst, wenn der Kunde die einzelnen Optionen (LED-Beleuchtung oder Mediasystem) gewählt hätte, könnte das Einrichtungshaus ein konkretes Angebot abgeben. Wollte man den Preis − also den Gesamtpreis ohne LED-Beleuchtung und ohne Mediasystem, nur mit LED-Beleuchtung, nur mit Mediasystem oder mit beiden Optionen zusammen, ausweisen − würde ein Preischaos entstehen. So wie das Einrichtungshaus die Preise ausgewiesen habe, sei auch keine wesentliche Information vorenthalten worden.

Das OLG führt zunächst aus, dass Händler, die Verbrauchererzeugnisse anbieten, den Endpreis für eine Produkteinheit unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar als Verkaufspreis angeben müssen.

Die Wohnzimmerwand stellt auch ein Angebot im Sinne des Preisangabenrechtes dar. Dies ist notwendig, damit die PAngV überhaupt einschlägig ist. Für die Frage, ob ein Angebot vorliegt, behilft sich das OLG mit dem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher. Für das Vorliegen eines Angebotes muss der Gewerbetreibende mit den Besonderheiten des Erzeugnisses und mit einem Preis werben. Der Verbraucher fasst dies als Angebot auf, das Erzeugnis zu den in dieser Werbung genannten Konditionen kaufen zu können. Nach Auffassung des OLGs waren diese Voraussetzungen hier erfüllt. Der Verbraucher konnte ohne Weiteres davon ausgehen, die ausgestellte Wohnzimmerwohnwand zu dem ausgezeichneten Preis zu erwerben, auch wenn er erst durch Addition der Preise für die LED-Beleuchtung und für das Mediasystem zu einem Endpreis kommt. Es lag also ein Angebot vor, was zur Folge hatte, dass ein Gesamtpreis hätte genannt werden müssen. Dieser Gesamtpreis ist dann das Entgelt, was für den Erwerb der betreffenden Ware zu zahlen ist. Dabei ist das unmittelbar angebotene und beworbene Erzeugnis maßgeblich mit der Folge, dass die Ausstellungsvariante der Wohnzimmerwohnwand mit LED-Beleuchtung und Mediasystem hätte ausgepreist sein müssen, denn die Wohnzimmerschrankwand stellt aus Sicht des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers ein einheitliches Leistungsangebot dar. Die besonderen Preisschilder für die Wohnwand, LED-Beleuchtung und Audiosystem mögen dem Verbraucher verdeutlichen, dass er im Rahmen einer Bestellung die Wohnwand zum angegebenen Preis auch ohne LED-Beleuchtung und Mediasystem kaufen kann. Gleichwohl kann der Verbraucher auch daran interessiert sein, gerade exakt die ausgestellte Variante zu kaufen. In diesem Fall möchte der Verbraucher wissen, wieviel er bezahlen muss, wenn er genau dieses Angebot, so wie es ihm in der Ausstellung dargeboten wird, annimmt. Die Angabe dieses Endpreises fehlt hier, auch wenn der Interessierte mittels Addition der Einzelpreise zu einem Endpreis hätte kommen können. Dies genügt jedoch nicht den preisrechtlichen Vorgaben und die ausgestellte Ware zu den Einzelpreisen war damit unlauter.

 

Für die Praxis

Für den Hörakustiker bleibt es zunächst dabei, dass er keine Preise nennen muss, wenn er Hörgeräte im Schaufenster, in Geschäftsvitrinen oder auf Prospekten bewirbt. Das OLG hat diese Variante gar nicht erwähnt. Dies war aber auch nicht nötig, denn das vorliegend streitige Produkt wies eindeutig Preise aus. Dass keine Preise genannt werden müssen, hat der BGH in seinem Grundsatzurteil vom 10.11.2016 festgestellt (BGH, „Hörakustik“ 3/2017). Möchte der Hörakustiker jedoch Preiswerbung betreiben und nennt er Preise, so müssen dies Endpreise sein. Der Endpreis muss für die Produkteinheit

  • unmissverständlich
  • klar erkennbar
  • gut lesbar und
  • als Verkaufspreis

angegeben sein. Es reicht also nicht aus, nur das Hörgerät mit einem Preis zu bewerben, der weitere Features, Schallschläuche oder Doms nicht mitbeinhaltet. Der Preis an dem Hörgerät muss so gestaltet sein, dass der Kunde nur noch zuzugreifen braucht. Anderenfalls entstehen Missverständnisse und Unklarheiten, die zulasten des Werbenden gehen können. Es ist nach den Grundsätzen in dem hier besprochenen Urteil auch nicht empfehlenswert, neben dem Preis für das Hörgerät weitere Preise für Otoplastiken oder Features zu nennen. Dies ist, wie die vorliegende Entscheidung des OLGs zeigt, kein Endpreis. Eine Preisauszeichnung, bei welcher der Kunde erst durch eine Addition der verschiedenen Optionen beziehungsweise Varianten zu einem Endpreis kommt, ist ebenfalls unzulässig.

Ob der angegebene Preis wirklich ein Endpreis ist, kann häufig nur durch Testpersonen nachgewiesen werden. Dabei kommt es für die Mitglieder von Wirtschaftsverbänden nicht auf deren Kenntnis, sondern auf die Kenntnis des Wirtschaftsverbandes an. Vorliegend lag zwischen der Kenntnis des Mitgliedes und der des Wirtschaftsverbandes eine Zeitspanne von 14 Tagen. Allerdings sollte man nicht allzu viel Zeit verstreichen lassen, denn sonst stellt sich irgendwann die Frage des Rechtsmissbrauches.

Schließlich sei noch einmal darauf hingewiesen, dass Aufzahlungspreise einen Hinweis erfordern, der sich an die gesetzlich Krankenversicherten wendet und das Erfordernis einer Hals-Nasen-Ohren(HNO)-ärztlichen Verordnung beziehungsweise einer Folgeversorgung aufweist, die Zuzahlung von 10 € erwähnt und den Privatpreis mit ausweist. Dieser Hinweis darf bei der Werbung auch als sogenannter Sternchenhinweis etwas kleiner gedruckt platziert werden. Wichtig ist hierbei jedoch, dass der Hinweis lesbar ist. Das Urteil zum Fall lesen Sie hier.

Peter Radmacher • biha

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