Wer mit Preisermäßigungen lockt, muss diese nach dem niedrigsten Preis der vergangenen 30 Tage berechnen. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 26.09.2024 (Az.: C-330/23) entschieden und damit eine ALDI-SÜD-Werbung als irreführend eingestuft. Das Gericht stuft die sogenannte Preisschaukelei damit als wettbewerbswidrig ein.
Sachverhalt
Der Entscheidung liegt ein Vorlageverfahren des Landgerichts Düsseldorf zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) zugrunde. Hat ein nationales Gericht Zweifel an der Auslegung oder Gültigkeit einer EU-Rechtsvorschrift, kann es den EuGH um Klärung bitten. Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen den Discounter ALDI SÜD.
ALDI erstellt wöchentlich Werbeprospekte mit Angeboten der verschiedenen Filialen der Unternehmensgruppe ALDI SÜD. Diese Prospekte sind auch im Internet abrufbar. Im konkreten Fall warb ALDI SÜD mit dem Slogan „Deutschlands bester Preis“ für Ananas und Bananen. Bei der Ananas wurde ein „Preis-Highlight“ von 1,49 Euro pro Stück angepriesen, während daneben ein durchgestrichener Preis von 1,69 Euro zu sehen war. Doch im Kleingedruckten war zu lesen, dass der tatsächliche niedrigste Preis in den vergangenen 30 Tagen bei 1,39 Euro lag – ein Preis, der zehn Cent unter dem beworbenen „Highlight“ lag.
Ein ähnliches Bild bot sich bei den Bananen: Hier wurde ein Preis von 1,29 Euro pro Kilogramm angegeben. Auf der Deutschlandfahne war angegeben, dass dies eine Preisreduzierung um 23 % zu dem durchgestrichenen Preis von 1,69 Euro bedeuten würde. Auch hier gab ALDI im Kleingedruckten an, dass der niedrigste Preis in den letzten 30 Tagen tatsächlich bei 1,29 Euro lag. Dies entspricht genau dem jetzigen Preis im Angebot.
ALDI SÜD war der Auffassung, dass dem EU-Recht genüge getan sei, wenn der niedrigste Preis im Kleingedruckten angegeben sei. Die Preisreduzierung dürfe auch aus einer erst kurz vor der Werbung erfolgten Preiserhöhung berechnet werden. Gleiches gelte für die Werbung mit dem angeblichen „Preis-Highlight“.
Nach Ansicht der Verbraucherzentrale war eine solche Werbung irreführend und beeinträchtigte damit die Interessen der Verbraucher, denen ein Preishighlight bzw. eine Preisreduzierung vorgetäuscht worden ist. Die Preisreduzierung bezog sich lediglich auf den letzten Preis unmittelbar vor dem angeblichen Sonderangebot. Tatsächlich wurden die Waren allerdings in den letzten 30 Tagen vor dem Angebot zum gleichen Preis angeboten. Die Reduzierung um 23 % bei den Bananen bezog sich daher lediglich auf eine kurzfristig vor dem Angebot vorgenommene Preiserhöhung.
Ähnlich war dies bei dem „Preis-Highlight“ für die Ananas. Der niedrigste Preis in den letzten 30 Tagen vor der Werbung betrug 1,39 Euro. Lediglich kurz vor der Werbung wurde eine Preiserhöhung auf 1,69 Euro vorgenommen. Das angebliche „Preis-Highlight“ von 1,49 Euro lag damit tatsächlich sogar über dem niedrigsten Preis der letzten 30 Tage.
Entscheidungsgründe
Der EuGH hat zugunsten der Verbraucherzentrale entschieden. Eine Preisermäßigung, die von einem Händler in Form eines Prozentsatzes oder einer Werbeaussage bekannt gegeben wird, muss auf Grundlage des niedrigsten Preises innerhalb der letzten 30 Tage vor der Ermäßigung bestimmt werden.
Das Gericht stellt fest, dass der Begriff „vorheriger Preis“ gemäß Art. 6a, Abs. 2 der Richtlinie 98/6/EG den niedrigsten Preis bezeichnet, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tagen vor der Anwendung der Preisermäßigung angewandt hat. Diese Auslegung dient dem Ziel, die Verbraucherinformationen zu verbessern und irreführende Preisermäßigungen zu verhindern. Der Gerichtshof betont, dass die Angabe einer Preisermäßigung auf einem realen und nicht manipulierten Referenzpreis basieren muss, um die Transparenz und Vergleichbarkeit der Preise zu gewährleisten. Eine Preisermäßigung, die nicht auf dem niedrigsten Preis der letzten 30 Tage basiert, würde die Verbraucher irreführen und den Zielen der Richtlinie zuwiderlaufen.
EuGH fordert Transparenz
Nach Auffassung des EuGHs reicht es daher nicht, so wie ALDI SÜD den günstigsten Preis der vergangenen 30 Tage nur im Kleingedruckten anzugeben, den Rabatt darauf aber nicht zu beziehen. Mit diesem Trick, der sogenannten Preisschaukel, täuschte ALDI eine ernsthafte Preisreduzierung lediglich vor. Tatsächlich dürfte jedoch der durchgestrichene Preis nur deshalb kurz zuvor heraufgesetzt worden sein, um anschließend mit einer attraktiven Preisreduzierung werben zu können.
Für die Praxis
Der EuGH fordert von den Unternehmen eine transparente Preiswerbung und mehr Ehrlichkeit bei vergleichender Preiswerbung. Preisreduzierungen müssen daher immer aus dem niedrigsten Verkaufspreis der letzten 30 Tage berechnet werden und nicht aus einem nur kurzfristig erhöhten Preis. Auch plakative Bezeichnungen wie „Preis-Highlight“ dürfen nur gebraucht werden, wenn es sich tatsächlich um ein solches Highlight handelt und nicht um einen Preis, der auf eine erst kurz vor der Werbeanzeige vorgenommene Preiserhöhung bezogen worden ist. Auch hier ist der niedrigste Preis der letzten 30 Tage der entscheidende Vergleichsmaßstab.
Damit sollen die Unternehmen angehalten werden, den Verbraucher zutreffend zu informieren. Entgegenstehende Praktiken und Tricksereien sind für den durchschnittlichen Verbraucher irreführend und damit rechtlich unzulässig. Durch die Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage im Kleingedruckten konnte die Irreführung der Verbraucher nicht wirksam verhindert werden. Jedenfalls mahnt das Gericht transparente und faire Werbepraktiken ausdrücklich an.
Es bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung des EuGHs auch auf die bisherige Rechtsprechung der deutschen Gerichte zu den sogenannten Sternchenhinweisen Einfluss haben wird. Auch hier werden plakative Werbeaussagen mit einem Sternchenhinweis versehen und dann im Kleingedruckten oft relativiert. Im entschiedenen Fall der ALDI-Werbung hat der EuGH dem Verbraucherschutz sehr hohe Bedeutung beigemessen und eine ehrliche und für den Verbraucher auf den ersten Blick erkennbare Transparenz angemahnt. Diesen hohen Anforderungen wird die Sternchenwerbung in der Praxis nicht immer gerecht.
Das EuGH-Urteil lesen sie hier.
Mathias Stier, Syndikusrechtsanwalt, Bundesinnung der Hörakustiker (biha) KdöR
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