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Die Zulässigkeit von Werbegeschenken im Rahmen des Verkaufs von Hörsystemen ist immer wieder Gegenstand von gerichtlichen und außergerichtlichen Streitigkeiten. Das hanseatische Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hat sich nun in zweiter Instanz hinsichtlich der Frage geäußert, ob in diesem Zusammenhang die Gewährung von Payback-Punkten beim Kauf von Hörsystemen eine zulässige Werbemaßnahme darstellt (Urteil vom 29.02.2024; Az.: 3 U 83/21, nicht rechtskräftig).

 

Sachverhalt

Die beklagte Partei, ein deutschlandweit agierendes Hörakustikunternehmen, warb mit der Gewährung von Payback-Punkten bei jedem Einkauf. Die Punkte wurden in diesem Fall beim Kauf eines beliebigen Produkts aus dem gesamten Sortiment gewährt. Kunden, die an der Kasse eine Payback-Karte vorzeigten, erhielten pro ausgegebenem Euro Umsatz einen Punkt auf ihrem Payback-Konto gutgeschrieben, welcher einem Gegenwert von einem Cent entspricht. Diese Punkte konnten die Kunden entweder in Bargeld, Sachprämien, Gutscheine, Spenden oder Miles-&-More-Prämien umwandeln.

Die klagende Wettbewerbszentrale sah hierin einen Verstoß gegen § 7 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Danach ist die Gewährung von Werbegeschenken im Zusammenhang mit Medizinprodukten, zu denen auch Hörsysteme zählen, grundsätzlich untersagt. Ausnahmen hiervon sind nur in eng begrenzten Fällen möglich, z. B. wenn es sich um Barrabatte, handelsübliches Zubehör oder um geringfügige Werbegaben handelt.

Das Landgericht Hamburg wies die Klage in erster Instanz zunächst ab. Hiergegen legte die Wettbewerbszen­trale Berufung ein. Klageziel der Wettbewerbszentrale war hierbei nicht, die Gewährung von Payback-Punkten gänzlich zu verbieten, sondern eine Gewährung von Payback-Punkten nur bis zu einem Gegenwert von einem Euro zu gewähren. Hilfsweise wurde beantragt, dass eine Gewährung von Payback-Punkten lediglich bis zu einem Wert von fünf Euro zulässig sein soll.

 

Entscheidungsgründe

Der zuständige Senat des OLGs Hamburg befand die Berufung teilweise als begründet. Er lehnte den Hauptantrag ab, der die Untersagung der Punktevergabe auf einen Gegenwert von bis zu einem Euro begehrte. Demgegenüber gab der Senat dem Hilfsantrag statt, wonach die Vergabe von Payback-Punkten nur bis zu einem Wert von fünf Euro zulässig sei und entschied somit in diesem Punkt zugunsten der Wettbewerbszentrale

 

Gewährung von Payback-Punkten ist nicht nur Imagewerbung

Zentraler Streitpunkt der Auseinandersetzung war insbesondere die Frage, ob es sich bei der Gewährung von Payback-Punkten bei dem Kauf von Hörsystemen lediglich um allgemeine Firmenwerbung handelt oder ob ein Produktbezug vorliegt. Nur bei letzterem findet das HWG überhaupt Anwendung. Das beklagte Hörakustikunternehmen war hierbei der Auffassung, dass es sich bei der Gewährung von Payback-Punkten lediglich um ein Kundenbindungsprogramm und mithin um reine Firmen- bzw. Imagewerbung handele.

Dies verneinte der Senat. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Imagewerbung und Produktbezug sei, ob nach dem Gesamterscheinungsbild der Werbung die Darstellung des Unternehmens oder die Bewerbung spezifischer oder zumindest individualisierbarer Produkte im Vordergrund stehen. Dabei kann auch eine Werbung, die das gesamte Produktangebot umfasst, als produktbezogen angesehen werden. In Anbetracht dieses rechtlichen Rahmens stellte das Gericht fest, dass aufgrund der Tatsache, dass Payback-Punkte ausschließlich beim Erwerb von Produkten, darunter auch Hörsystemen, gewährt werden, ohne Weiteres auf einen Produktbezug geschlossen werden kann. Von einer allgemeinen Unternehmenswerbung kann vor diesem Hintergrund nicht mehr ausgegangen werden.

 

Payback-Punkte stellen keinen (zulässigen) Rabatt dar

Des Weiteren erörterte das Gericht, ob die Gewährung von Payback-Punkten unter die Ausnahmetatbestände des § 7 HWG fallen. Hierzu stellte sich zunächst die Frage, ob die Prämienpunkte einen zulässigen Rabatt darstellen könnten. Dies verneinte das Gericht mit Verweis auf den kürzlich ergangenen Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) (Beschluss vom 13.07.2023; Az.: I ZR182/22). Danach sind Rabatte im Sinne des § 7 HWG nur solche, die unmittelbar zu einem Preisnachlass bei dem erworbenen (Medizin-)Produkt führen. Dies ist bei Payback-Punkten jedoch evident nicht der Fall.

 

Werbegabe bis zu einem Gegenwert von fünf Euro zulässig

Eine weitere Ausnahme sieht das Heilmittelwerbegesetz bei geringwertigen Werbegaben vor. Vor dem Hintergrund des Sinns und Zwecks des § 7 HWG, welcher darauf abzielt, eine unsachgemäße Beeinflussung der Käufer durch Werbegeschenke zu verhindern, zog der Senat im vorliegenden Fall die Grenze der Geringfügigkeit bei fünf Euro. Als Begründung führte er hierzu aus, dass die vom BGH gezogene Geringwertigkeitsgrenze von einem Euro hinsichtlich Arzneimittel nicht ohne Weiteres auf Medizinprodukte zu übertragen sei. Er führte aus, dass im vorliegenden Fall von einer unsachgemäßen Beeinflussung erst ab einem Wert von fünf Euro ausgegangen werden könne. Folglich betrachtete er die Gewährung von Payback-Punkten mit einem Gegenwert von bis zu fünf Euro noch als zulässig an. Der Senat ließ die Revision zum BGH zu.

 

Für die Praxis – Crashkurs: Zulässigkeit von Werbegeschenken

Die In-Aussicht-Stellung von Werbegaben für Kunden, seien es Gutscheine oder sonstige Werbegeschenke, erscheint für viele Unternehmen zunächst verlockend.

So könnten sie Kunden doch dazu bewegen, bestimmte Produkte eben aufgrund dieser Werbegabe zu kaufen. Insbesondere im Bereich der Arzneimittel oder beim Verkauf von Medizinprodukten, wie etwa Hörsystemen, ist hier jedoch Vorsicht geboten.

Allgemeine Image- bzw. Unternehmenswerbung ist grundsätzlich unproblematisch und erlaubt. So können Unternehmen ihren Kunden unabhängig von einem Produktkauf Vorteile gewähren, beispielsweise einen Gutschein für einen Yogakurs. Dies ist zulässig, solange es nicht direkt an den Erwerb eines Medizinprodukts gebunden ist. Doch auch hier gilt es, vorsichtig zu sein und genau zu differenzieren, wann Werbung noch lediglich imagefördernd ist und wann sie bereits produktbezogen wird. Die Übergänge sind oft fließend, vor allem wenn hierdurch konkrete Anreize zu einem Produktkauf geschaffen werden. So entschied das Landgericht Bochum (Urteil vom 26.07.2022; Az.: 1-12 0 17/22) etwa, dass ein Produktbezug nicht nur beim Kauf eines Hörsystems vorliegen kann, sondern dieser auch bereits bei der Durchführung eines Hörtests zu bejahen ist. Damals hatte ein Hörakustikunternehmen eine Werbegabe in Verbindung mit der Teilnahme an einem Hörtest in Aussicht gestellt. Das Gericht führte hierzu sinngemäß aus, dass die Durchführung eines Hörtests bei einem Hörakustiker quasi nur die Vorstufe in einem Gesamterwerbsvorgang darstelle und so eng mit einem endgültigen Kauf verknüpft sei, dass von einem Produktbezug ausgegangen werden muss.

Wenn es sich nicht mehr um allgemeine Unternehmenswerbung handelt, sondern um Werbegeschenke, die ausschließlich beim Kauf eines Medizinprodukts gewährt werden, ist dies rechtlich nur in Ausnahmefällen zulässig.

Rabatte etwa, die den Preis des gekauften Produkts unmittelbar reduzieren, sind grundsätzlich immer zulässig, egal ob sie in absoluten Beträgen oder in Prozenten angegeben werden. Eine maximal zulässige Höhe dieser unmittelbar wirkenden Rabatte existiert nicht. Sie findet ihre Grenzen jedoch im wettbewerbs- bzw. kartellrechtlichen Verdrängungswettbewerb.

Werbegeschenke, die als handelsübliches Zubehör betrachtet werden können, sind ebenfalls zulässig. Welche Werbegaben im Bereich der Hörakustik als solches Zubehör gewertet werden können, ist jedoch weitgehend gerichtlich ungeklärt. Bei Werbegeschenken wie Akkuladegeräten ist etwa Vorsicht geboten, da es in der jüngsten Vergangenheit zu Abmahnungen kam. Praxistipp: Um hier rechtliche Probleme zu vermeiden, könnte ein solches Akkuladegerät als Teil eines Gesamtpakets angeboten werden, anstatt es als kostenloses Geschenk zu bewerben. So wird deutlich, dass es sich nicht um ein Geschenk im eigentlichen Sinne handelt, sondern die Kosten des Geräts bereits in den Gesamtpreis eingepreist wurden. Da es sich dann bereits begrifflich nicht mehr um eine Werbegabe handelt, findet das HWG entsprechend keine Anwendung mehr.

Geringwertige Werbegaben, wie die bekannten Taschentücher und Traubenzucker aus der Apotheke, sind ebenfalls zulässig, solange sie einen Wert von einem Euro nicht überschreiten. Bei Werbegaben, die diesen Betrag übersteigen – bis hin zu fünf Euro – ist jedoch trotz des Urteils des OLGs Hamburg weiterhin Vorsicht geboten. Im Bereich der Medizinprodukte ist die rechtliche Lage hierzu nach Auffassung des OLGs Hamburg noch nicht abschließend geklärt, sodass in einem solchen Fall durchaus noch ein Abmahnrisiko lauern kann.

Das Urteil zum Fall lesen Sie hier.

Patrick Frank, Jurist, Bundesinnung der Hörakustiker KdöR (biha)

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