Was für Brillen bedeutsam ist, kann auch für Hörgeräte schnell Relevanz haben. Deshalb ist es für den Hörakustiker wichtig, bedeutende Entwicklungen in der Rechtsprechung zu anderen Gesundheitshandwerken im Blick zu haben. Die nachfolgend vorgestellte Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) verbietet zwar nicht die Werbung mit mehreren Produkten zu einem Gesamtpreis – sogenannte Leistungspakete –, eine Werbung mit einer kostenlosen Zweitbrille hingegen kann wettbewerbsrechtlich verboten sein.

Jeder Brillenträger weiß: Eine Zweit- oder Ersatzbrille zu haben, ist ganz schön praktisch. Nicht nur, wenn man seine Brille verlegt oder irgendwo vergessen hat, ist der Ersatz sehr nützlich. Auch wenn die sorgfältig ausgesuchte Lieblingsbrille defekt ist, beschädigt wurde oder man Arbeiten erledigen möchte, bei denen die schöne Erstbrille verschmutzt oder beschädigt werden könnte: Immer ist es gut, eine zweite, der Sehstärke entsprechende Brille zu Hause zu haben. Deshalb werben die Augenoptiker gerne mit einer „kostenlosen Zweitbrille“. Die Frage, ob der Augenoptiker die zweite Brille mit dem Slogan „Kostenlose Zweitbrille dazu!“ bewerben darf, ist Gegenstand einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH; Urteil vom 06.11.2014, Az. I ZR 26/13).

Im Ergebnis hat der BGH eine Wer­bung mit dem Werbeschlagwort „Kos­tenlose Zweitbrille dazu!“ für wettbe­werbswidrig erachtet. Der vorliegende Sachverhalt weist zwei Besonderheiten auf: Der Augenoptiker bewirbt zum ei­nen eine bildlich stark hervorgehobene „kostenlose Zweitbrille“. Zum anderen wird diese Brille im Fließtext der An­zeige als im Leistungspaket enthalten angeboten. Letzteres hat der BGH nicht beanstandet.

Kostenlos, geschenkt, gratis: Unter anderem mit diesen Werbeaussagen versucht der Kaufmann, den Absatz seiner Waren zu steigern. Waren dem Handel früher durch das Rabattgesetz wer sich nicht mehr erinnert: maximal drei Prozent Skonto!) und die Zugabe­verordnung (nur geringwertige Kleinig­keiten) enge Grenzen gesetzt, so be­misst sich die Beurteilung heute an den Vorgaben des Gesetzes gegen den un­lauteren Wettbewerb und – für den Hörakustiker – an denen des HWGs. Deshalb sind die Grenzen für solche Angebote heutzutage um einiges wei­ter gesteckt, als dies noch vor 20 Jahren der Fall war.

Von dieser Wettbewerbsfreiheit macht das Heilmittelwerbegesetz je­doch eine bedeutende Ausnahme. Da­nach kann unter Umständen die Wer­bung mit einer „kostenlosen Zweitbril­le“ einen Verstoß gegen dieses Gesetz darstellen. Diese Werbung hat nun der Bundesgerichtshof einer genaueren Betrachtung unterzogen. Zuvor hatte schon das Oberlandesgericht Stuttgart die Werbung mit einer kostenlos zur Erstbrille dazuzugebenden Zweitbrille als unlauter angesehen.

Ergebnis: Ein Unternehmen der Hörakustik sollte in seiner Werbung Wendungen wie „gratis“, „kostenlos“, „geschenkt“, „unentgeltlich“ nur mit Bedacht be­nutzen. Hingegen können andere For­mulierungen, die eindeutig auf ein an sich zulässiges Leistungspaket hinwei­sen, durchaus erlaubt sein. Insoweit wird sich die Praxis gegebenenfalls da­hingehend verändern, als dass die Prei­se im Paket deutlicher betont werden. Demgegenüber werden Wendungen, die auf die Unentgeltlichkeit der mit abgegebenen Zusatzware zielen, weni­ger zu lesen sein.

Den gesamten Beitrag lesen Sie in der Juni-Ausgabe die Urteilsbegründung gibt es hier. "Hörakustik" - einfach mehr wissen.

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