Der 60. Internationale Hörgeräteakustiker-Kongress stellte nicht nur ein rundes Jubiläum dar, sondern trumpfte auch mit der bisher größten Anzahl an Ausstellern auf. 133 waren es – im Vergleich zu „nur“ 108 Ausstellern im Vorjahr. Gezeigt wurden zahlreiche Neuheiten, die nicht nur für gutes Hören sorgen sollen, sondern auch dazu beitragen können, das Image von Hörsystemen in Richtung innovativer Hightechprodukte zu verändern. Im Mittelpunkt stand aber vor allem ein Ziel: die höhere Zufriedenheit und Lebensqualität der Hörgeräteträger im Alltag.

Martin Blecker, Präsident der Europäischen Union der Hörgeräteakustiker e. V. (EUHA), nutzte den bewährten Messerundgang für Journalisten, um die Geschichte des Kongresses kurz zu skizzieren. Demnach fand im Jahr 1960 der erste Kongress in Würzburg statt, ab 1967 dann auch tatsächlich unter der Bezeichnung „Kongress“. Anfangs traf man sich sogar zwei- bis dreimal jährlich, sodass trotz 55 Jahren nun schon der 60. Kongress gefeiert werden kann. Immerhin 55 Jahre gebe es auch schon das Fortbildungsprogramm der EUHA, so Blecker. Auch wenn sich die Technik über diesen Zeitraum mächtig verändert hat, verkleinert und verbessert wurde, ist eines gleich geblieben: Allein die Technik sei zwar „eine hervorragende Grundlage“, aber erst ein geschulter Mensch „kann Tolles damit machen“, wies Blecker auf die bedeutende Rolle des Hörgeräteakustikers hin.

Das nötige Fachwissen in den verschiedenen Gebieten der Hörakustik und die praktischen Fertigkeiten der Hörsystemanpassung sind also die Grundlage für die Arbeit des Hörakustikers, das Hörvermögen bestmöglich wiederherzustellen. So war auch der Startpunkt des Messerundganges mit der zentralen deutschen Ausbildungsstätte aller Hörakustiker, der Akademie für Hörgeräte-Akustik (AHA), gut gewählt. Jakob Stefan Baschab, Hauptgeschäftsführer der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker KdöR (biha) und Geschäftsführer der AHA, erläuterte kurz die verschiedenen Ausbildungsmöglichkeiten auf dem Campus Hörakustik in Lübeck. Neu würden in Kürze ein Masterstudiengang Hörakustik starten sowie eine Promotion möglich sein, stellte er weitere interessante berufliche Möglichkeiten vor.

Die aussichtsreichen Perspektiven würden immer mehr Auszubildende „anlocken“. So würden derzeit circa 2 500 Azubis beschult – eine Verdoppelung innerhalb von zehn Jahren. Zudem sei dieses Jahr mit etwa 1 150 neuen Auszubildenden die höchste Zahl eines Ausbildungsjahrganges erreicht worden. Anfangs seien es in Lübeck insgesamt gerade einmal 70 Auszubildende gewesen, blickte Baschab in die Historie. International sei das deutsche Ausbildungskonzept ebenfalls gefragt und deshalb bereits in eine Vielzahl von Ländern exportiert worden.

vernetztErste Anlaufstelle des Rundganges durch die Industrieausstellung war diesmal der Hersteller Sivantos. Roland Heichel, Leiter des Produktmarketings, präsentierte gleich drei neue Hörsystemfamilien in diversen Bauformen im Essential-Segment auf Basis der Chipplattform Binax: Intuis 2, Sirion 2 und Orion 2. Damit bietet Sivantos nun ein vielfältiges Portfolio an smarten Hörsystemen über alle Preisklassen hinweg. Außerdem sind nach Unternehmensangaben alle Systeme gemäß IP 67 zertifiziert. Neues gibt es zudem im Segment der Hörsysteme für hochgradig hörbeeinträchtigte Kunden: Insio sei die aktuell weltweit kleinste Im-Ohr-Lösung für hochgradig schwerhörige Menschen, so Heichel. Verfügbar seien die Bauformen In-the-canal (ITC) und Completely-in-the-canal (CIC) – unter anderem mit transparenter Schale.

Die Mikrofone sowie der ständige Audiodatenaustausch von linkem und rechtem Hörsystem gewährleisteten natürliches Hören, gutes Richtungshören und Sprachverstehen.Dr. Günther Beckstein, ehemaliger bayerischer Ministerpräsident, schilderte am Sivantos-Stand seine eigene Hörgeschichte. Der langjährige Hörsystem- sowie Cochlea-Implantat(CI)-Träger warb zudem dafür, „zu seiner Schwäche zu stehen“, denn nur dann könne man sie beheben. Für ihn habe das Hören „existenzielle Bedeutung“. Es sei zudem „sehr viel schwieriger als das Sehen“, weshalb er sich für einen frühzeitigen Hörtest und eine entsprechende Hörsystemversorgung einsetze. Bei seinen eigenen Hörsystemen schätze er besonders die Programmeinstellung „Oktoberfest“, die Hintergrundlärm herausfiltere, erklärte Beckstein mit einem Schmunzeln.Das Gehirn im FokusDa das Hören nicht nur in den Ohren, sondern hauptsächlich im Gehirn stattfindet, widmet sich der Hersteller Oticon seit einiger Zeit besonders der Erleichterung der Versteharbeit im Gehirn.

Die Audiologin Dr. Birgitta Gabriel stellte am Oticon-Stand die Technologien vor, die dies bewirken sollen, unter anderem Richtmikrofone und Automatiken in den Hörsystemen. Neu präsentiert wurde die Bauform Plus Power, die nach Herstellerangaben das kleinste Hinter-dem-Ohr(HdO)-Gerät im Power-Bereich ist. Verfügbar ist diese Bauform für die Hörsystemfamilien Ria2, Nera2 sowie Alta2 und bietet einen maximalen Ausgangsschalldruck von 138 dB SPL (sound pressure level). Für hochgradig hörgeminderte Menschen wurde zudem die neue Super-Power-Hörgerätefamilie Dynamo vorgestellt, und die Kinderhörsysteme wurden laut Gabriel um die Super-Power-Variante Sensei SP erweitert. Beide Neuheiten bieten einen maximalen Ausgangsschalldruck von 143 dB SPL und lassen sich drahtlos mit verschiedenen Kommunikations- und Unterhaltungsgeräten verbinden.

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