Steht im Arbeitszeugnis der Satz: "Er hat mit seiner geselligen Art zur Verbesserung des Betriebsklimas beigetragen", weiß die neue Vorgesetzte, dass die Person dem Alkohol während der Arbeit nicht abträglich gegenüber stand. Dass das, am Arbeitsplatz in einem Gesundheitshandwerk nicht toleriert wird, ist nach zuvollziehen. Doch wie geht man mit solchen Kollegen um?

Zischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer wurde ein Aufhebungsvertrag geschlossen. Der Arbeitnehmer hatte laut den Be­obachtungen eines Kollegen im Zeit­raum von einem Monat in der Spät­schicht, nachdem die Geschäftsleitung das Haus verlassen hatte, wiederholt seine Arbeit für circa eineinhalb Stun­den unterbrochen. Während dieser Zeit habe er sich mit zwei seiner Arbeitskol­legen in Richtung Umkleidebereich zu­rückgezogen, vermutlich zum gemein­samen Biertrinken. Bei seiner Rück­kehr an den Arbeitsplatz soll der Kläger nach Alkohol gerochen haben.

Der Arbeitgeber hatte unter Anwe­senheit des Prokuristen und des kauf­männischen Leiters den klagenden Arbeitnehmer mit den Vorwürfen des Arbeitszeitbetruges und des Verstoßes gegen das betriebliche Alkoholverbot in einem Personalgespräch konfron­tiert. Das Personalgespräch endete, wie auch die Personalgespräche mit den beiden anderen Kollegen, mit der Unterzeichnung eines vorbereiteten Aufhebungsvertrages zum Ende des Monats.

Der Arbeitnehmer hat den Aufhe­bungsvertrag wegen Drohung mit einer Strafanzeige und einer fristlosen Kün­digung angefochten. Durch die Art der Gesprächsführung sei er in eine be­drohliche Situation gebracht und wi­derrechtlich zur Unterzeichnung des Vertrages genötigt worden. Nachdem der Arbeitgeber die Anfechtung als un­begründet zurückgewiesen hatte, klag­te der Arbeitnehmer. Das Arbeitsge­richt wies die Klage zurück und auch in der Berufungsinstanz vor dem Lan­desarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Ur­teil vom 28.01.2016 mit dem Aktenzeichen 5 SA 398/15) hatte der Kläger keinen Erfolg.

 Zwischen den einzelnen Parteien ist strittig, was sich im Einzelnen während des Personalgespräches ereignet hat. Der Kläger fühlte sich durch das unan­gekündigte Personalgespräch und die darin gegen ihn erhobenen Vorwürfe unangemessen überrascht. Der Arbeit­geber habe ihm angeboten, den vorge­legten Aufhebungsvertrag zu schließen. Anderenfalls werde er über eine Straf­anzeige und eine fristlose Kündigung nachdenken beziehungsweise eine sol­che aussprechen. Der Arbeitgeber soll den Kläger zudem darauf hingewiesen haben, dass jemand mit einer fristlosen Kündigung kaum oder keine Chance auf ein neues Anstellungsverhältnis ha­be beziehungsweise ein solches nur schwerlich begründen könne. Letztlich habe sich der Kläger unter diesem Druck so genötigt gefühlt, dass er den Aufhebungsvertrag geschlossen habe.

Sowohl das Arbeitsgericht in erster Instanz als auch das Landesarbeitsgericht in zweiter Instanz ließen eine „Überrumpelung“ durch ein unangekündigtes Personalgespräch, in dem ein Arbeitnehmer mit Vorwürfen konfrontiert wurde, nicht als ausreichende Drucksituation für eine Anfechtung eines Aufhebungsvertrages gelten. Zusätzlich machte insbesondere das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz deutlich, welche Anforderung an die „Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung“ durch die Gerichte gemacht
werde. Die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung oder einer Strafanzeige sei (nur) dann widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine solche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen dürfe.

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